Alex Gotter



Gott ist nicht schüchtern von Olga Grjasnowa

Österreichische Erstaufführung – Premiere 18.02.2021
Eine Produktion von Nestbeschmutzer & Innen in Kooperation mit WERK X-Petersplatz

Inszenierung: Susanne Draxler
Bühnenfassung/Dramaturgie: Lisa Kärcher
Bühne: Hawy Rahman
Sounds: Hermann Draxler
Kostüm: Andrea Hölzl
Produktionsleitung: Sina Heiss
Hospitanz: Tanja Putzer
Foto: Alex Gotter

Aufführungsrechte bei Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG, Berlin | www.felix-bloch-erben.de
Der Roman „Gott ist nicht schüchtern” von Olga Grjasnowa ist im Aufbau Verlag, Berlin, erschienen.

Mit: Diana Kashlan und Johnny Mhanna

Damaskus / Berlin. Was mit friedlichen Protesten beginnt, entwickelt sich bald zu einem der verheerendsten Kriege der Gegenwart: Dem syrischen Bürgerkrieg. AMAL, eine junge Schauspielerin, die mit ihrem Freund an Demonstrationen in Damaskus teilgenommen hat, findet ihren Namen auf den Listen des staatlichen Geheimdienstes wieder. Von Folter bedroht, muss sie das Land verlassen. HAMMOUDI, ein angesehener Chirurg, muss in Deir az-Zour in den Untergrund gehen, um eine illegale Ambulanz aufzubauen. Unter gefährlichsten Bedingungen versucht er, eine Notversorgung für die Bevölkerung aufrecht zu erhalten.

Einige Jahre später treffen AMAL und HAMMOUDI durch Zufall in Berlin aufeinander.

AMAL: Und was stimmt mit dir nicht?

HAMMOUDI: Ich habe zugesehen, wie neunhundertsiebzehn Menschen starben.

Die Dramatisierung von Olga Grjasnowas Roman GOTT IST NICHT SCHÜCHTERN zeigt die Navigation zweier ProtagonistInnen durch Zonen von Schutz und Zerstörung, Identität und Intimität, Grausamkeit und Geborgenheit.

Traurige Aktualität erlangt die Inszenierung der österreichischen Erstaufführung gerade und besonders heuer: „In Zeiten der COVID-19-Pandemie zeigt sich besonders drastisch, wie verheerend die Schließung der Fluchtrouten und die Unterbringung von Geflüchteten in überfüllten Lagern an den Außengrenzen der Europäischen Union war und ist. Die ‚Festung Europa‘ zeigt wieder einmal ihr wahres Gesicht. Den Pandemie-Winter 20/21 verbringen Tausende Geflüchtete in unbeheizten, durchnässten Notunterkünften, die wiederholten Aufrufe zu einer menschenwürdigen Behandlung bleiben nach wie vor ungehört.
Damit nicht genug, hält man es in Österreich, wie wir in der vergangenen Woche feststellen mussten, offenbar selbst in einer Situation wie dieser für unerlässlich, in Österreich geborene Kinder in einer brutalen Nacht-und-Nebelaktion in ein Herkunftsland abzuschieben, das sie selbst fast ausschließlich vom Hörensagen kennen. Der Sturm der Entrüstung, den diese Aktion auslöste, kam für die betroffene Familie leider zu spät.
So ist es uns ein besonderes Anliegen, mit unserer Produktion gegen ein immer wieder latent vorhandenes ‚Wir vs. Ihr‘-Denken anzugehen. Nicht zufällig entstammen die beiden Protagonist*innen von GOTT IST NICHT SCHÜCHTERN, Amal und Hammoudi, einer international vernetzten, gut ausgebildeten Mittelschicht. Das Leben, das sie in Syrien hinter sich lassen müssen, ist dem eine*r durchschnittlichen Theaterbesucher*in in Wien vermutlich gar nicht so unähnlich.
Auch wenn es sich leider immer wieder so anfühlt: Es gibt nicht ‚die Geflüchteten‘ auf der einen, ‚Menschen mit europäischer Staatsbürgerschaft‘ auf der anderen Seite.
Es gibt einzig und allein Menschen. Machen wir keine Unterschiede, die Leben kosten.“

Wir danken: Der Kulturabteilung der Stadt Wien, dem Zukunftsfonds der Republik Österreich und dem Bundesministerium Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport

Pressestimmen:

Salzburger Nachrichten, 19.Feb.2021 (Quelle: APA)
Regisseurin Susanne Draxler, zuletzt mit “Fahrenheit 451” im TAG erfolgreich, setzt im nüchtern-praktikablen Bühnenbild von Hawy Rahman auf eine immer rasantere Handlung, die in kurzen Zweierszenen immer bedrückender und auswegloser wird

Kurier, Guido Tartarotti 20.2.2021
Die Inszenierung von Susanne Draxler ist schlicht und klar (..) Fazit: ein starker beklemmender Abend

ORF III – Kultur heute, Heinz Sichrovsky 19.2.2021
Den Roman (…) kenne ich nicht, aber wenn er nur halb so gut ist wie diese Dramatisierung, dann ist er sehr gut. (…) Susanne Draxler hat eine sehr starke, konzentrierte, reduzierte Arbeit gemacht. Hundert spannende Minuten (…). Johnny Mhanna und vor allem Diana Kashlan, das sind hervorragende Schauspieler (…). Eine Aufführung, die man sich ansehen sollte.

Der Standard, Margarete Affenzeller 22.2.2021
Syrische Flüchtlinge sind gerade nicht mehr das Thema. Wie ein Weckruf wirkt deshalb die Premiere von Olga Grjasnowas GOTT IST NICHT SCHÜCHTERN, (…) einer Bühnenfassung des gleichnamigen, 2017 erschienenen Romans über eine Generation, die einen Systemwandel fordert (…). (…) Auf schlichten Holzpaneelen, die wechselweise als Küchenmöbel, Bett oder Operationstisch dienen, steuern Diana Kashlan als Telenovela-Schauspielerin Amal und Johnny Mhanna in wechselnden Rollen als Studienkollege Youssef sowie als Chirurg Hammoudi durch die Monate des Bürgerkriegs. Sie werden auf Demonstrationen ausgeforscht und vom Geheimdienst drangsaliert, bedroht und gefoltert. (…) Weit entfernt von vorgefertigten Orientbildern und der medial abgenützten Kriegsatmosphäre zeigen zwei ‘neutrale’, vollständig in Weiß gekleidete Menschen, wie sich ein Leben in Verfolgung anbahnt, anfühlt – und wo es hinführen kann.

PLAYS INTERNATIONAL & EUROPE, Ludovico Lucchesi Palli, March 2021
The fast-paced two-hander has a distinct narrative […] Rather than acting out every scene, the two protagonists narrate the story, which allows for precise detail that otherwise would not have been possible. […] Lisa Kärcher’s stage adaptation of GOTT IST NICHT SCHÜCHTERN makes a lot [of] sense in this form, as it traces the fate of two individuals simultaneously. […] Interestingly, the brief prologue at the beginning of the play is repeated in a longer version once [the two protagonists] meet in Berlin in order to illustrate that the entire play has been told in a flashback; this technique is very effective. […] There is a lot to take in during these 100 minutes, but every moment is worth it. The dramaturgy works well […] The two actors display an impressive ability to portray many roles and switch back and forth between dialogue and narration. […] Director Susanne Draxler creates an intimate production with two strong actors that tells an important story and brings new perspectives to the refugee crisis.